Welt 3, Level 4
Donnerstag 14.06: 1. Bergetappe
Die Fahrt gestaltete sich, wenn auch mit einer geplanten
Länge von 6,5 Stunden Respekt einflößend, mal wieder entspannt. Wir ließen
Oviedo,im wörtlichen Sinne, links liegen - die Partnerstadt Bochums wird vielleicht ein
anderes Mal angesteuert. Aber das erklärte Ziel war ein Tapetenwechsel Richtung
Berge. Wir durchfuhren wir bei der Einfahrt in den Nationalpark Picos de Europa
beeindruckende Berglandschaften und verschlafene Bergdörfer.
Da Tatjana und Oliver mit Vincent einen Tag vor uns
abgereist waren, hatten wir schon eine Empfehlung für den Campingplatz in den
Picos: "Camping Naranjo de Bulnes".
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Naranjo de Bulnes |
Hier landeten wir in den frühen Abendstunden auf einem Platz
direkt am Gebirgsfluss.
Wenn dieser Platz auch wirklich schön gelegen war, umrahmt
von Felswänden links und rechts, die von Schäfchenwolken umspielt wurden und
der Fluss dazu sein rauschendes Lied spielte....
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Campside |
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"... und dann brate ich dir so einen großen Fisch." |
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Playground |
... so wenig berauschend fand ich
die Begleiterscheinung: Mückenalaaaaarm! Und alter Lachs: die waren mal groß!!
Selbst Matze, der diesbezüglich im Reich der Amazonen als Querulant galt, da er
sich des Krieges bisher nicht angenommen hatte, konnte nicht umhin zuzugeben,
dass hier schon ein ganz gutes Kaliber dieser wenig possierlichen Tiere am
Start war.
So wurden die Kinder in Autan getaucht und Mutti ging mal
wieder auf Kriegspfad! An diesem ersten Abend sollten einige Mückenseelen von
uns gehen...und sie gingen! Eine nach der anderen. Streng dem Gesetz folgenden:
„Ohne Leiche – kein Mord“ wurde der Tod einer Mücke nur als Erfolg verbucht,
wenn alle beteiligten Jäger (diesmal stieg auch Matze mit ein) die Leiche
nachweisen konnten. Je nach Ort des Geschehens, machte sich die Mückejägerin
vom Dienst in den darauf folgenden Tagen auch als Tatortreiniger einen Namen
und reinigte die Wände, Schränke und Decken nach Ableben der Untiere.
Es wurden folgende Regeln zum Schutz von Kind und Vaterland
aufgestellt: Die Türöffnungszeiten werden auf ein absolutes Minimum reduziert,
die Fenster werden dauerhaft mit dem Mückenschutzgitter geschlossen gehalten
und die Fenster nur von außen geöffnet. (Kurze Nebenbemerkung: die Zahl der zu
erlegenden Mücken konnte somit Abend für Abend reduziert werden. Die Mücken,
die die Nacht überlebt und gestochen hatten, wurden regelmäßig morgens erledigt.
Am letzten Morgen konnte die im Wagen befindliche Anzahl der
Mücken auf Null ausgerottet werden. An alle Tierschützer: Ich bin mir beim
Anblick des Flusses im Gegenlicht sicher, dass diese Spezies Monstermücken
nicht vom Aussterben bedroht ist!)
Freitag 25.06.: 2.Bergtappe: Cunaba
Matze hatte auf der Seite www.topwalks.net eine angenehme
und nicht zu steile oder lange Wanderung für unseren heutigen Tagestripp
rausgesucht. Im Prinzip war es eine Wanderung mit wenigen Höhenmetern ab dem
Dorf Cunaba mit Blick über die Schlucht
von Hermida. Im Netz wurde der Weg ausführlich beschrieben und der Start am
Brunnen in Cunaba gesetzt. Der Weg zum Dorf wurde nicht weiter beschrieben, war
er jedoch ein wesentliches Highlight der ganzen Veranstaltung.
Angekommen in Cunaba, tranken wir zuerst ein Sidra zur notwendigen
Beruhigung der Nerven. Sidra ist ein Apfelwein und Spezialität der Region, der
wenig süß und ziemlich vergoren schmeckt.
In der Sonne warteten wir auf das
Erwachen der Kleinwüchsigen, die gut daran getan hatten, die Augen zu
schließen...der Weg ins Dorf gestaltete sich abenteuerlich.
Vorsorglich hatten Matze und ich bereits auf dem weniger
dramatischen Streckenabschnitt die Plätze getauscht und nun saß Madame hinterm
Steuer. Gut so! Die Serpentinen schossen in 180 Grad Kehren den Berg bei einer
äußerst beeindruckenden Steigung hinauf. Rechts von der Straße pfiff der Wind
über die Felskante.
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Teststrecke |
Matze, der bekanntlich in großer Höhe ängstlich reagiert,
stockte regelmäßig das Herz - die Hände waren schweißnass - das Gesicht war
leichenblass.
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Lusche |
Jede angesteuerte Kurve wurde mit dem äußerst nachdrücklichen
Hinweis begleitet, ich solle bitte nicht schneller als 30 kmh fahren, gefolgt
vom Verdecken der Augen und ein senken des Hauptes. Man darf sagen, Matze stand
kurz vor einer Panikattacke und üfhlte sich gelähmt. Zugegeben: Der Weg war
wirklich seeehr steil und auch die Fahrerin war froh, als das Örtchen in Sicht
kam.
Nun gut! Nach der Stärkung durch Sidra startete der Weg
durch Kuhwiesen, vorbei an kleinen Gemüsegärten und streunenden Wachhunden
hinab ins Tal.
Wir waren beeindruckt von steil aufragenden Felswände die
links und rechts und der lieblichen Landschaft um uns herum. Zum Ort
zurückkehrt, streunerten wir noch ein wenig zwischen den Steinhäuschen umher
und stiefelten danach wieder gen Auto und Heimat.
Den Abend verbrachten wir dann mit dem „ Menue de dia“ im
Campingplatzrestaurant und schaufelten die 3 Gänge genüsslich in unsere Mägen.
Gute Nacht!
Samstag: 26.06. Seaside!
Der Lago Enol und der Lago Ercina sind zwei Bergseen in den
Picos, die man durch
eine 12km lange, steile und enge Straße erreicht – hieß es
im Reiseführer. Vom gestrigen Erlebnis angestachelt, stellte sich Matze der
Angst und fuhr bis nach oben. Es war jedoch auch in keiner Wise vergleichbar
mit der am Vortag absolvierten Strecke. Auf der Hochebene angekommen starteten
wir die vorher recherchierte kleine Wanderung vom See Ercina zum See Enol, mit
2,5 Stunden und 8km angegeben.
Das Wetter war traumhaft. Wenn es im Tal noch richtig heiß
war, boten uns die knapp 1300 Höhenmeter ein super Klima mit 24 Grad und
strahlendem Sonnenschein.
Auf der Hochebene der Seen weideten unzählige
Glocken-läutende Kühe, Kälbchen und in den felsigen Steilwänden die Ziegen.
Im
Hintergrund betteten sich die Picos de Europa mit ihren Schnee bedeckten
Wipfeln ins malerische Bild ein. Die Ruhe dort oben war wundervoll und wir
genossen im Anblick des Sees Ecrina das erste kleine Snackpäuschen.
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Lagos Enol |
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schmeckt |
Von dort aus starteten wir dann die Wanderung. Da der Weg
recht eben verlief, lief Franka selbst, angetrieben von der ständigen Ansicht
weiterer Kühe mit ihren Kälbchen.
Ein hervorragender Motivator. So krabbelte
sie über Stock, Stein, hüpfte zwischen dem weidenden Großvieh umher und quatschte
fröhlich vor sich hin.
Jetzt muss (oder muss auch nicht) man vielleicht etwas
wissen: Haben wir gestern noch über Panikattacken von Matze gesprochen, wird
eine Erwähnung einer der größten Ängste von mir notwendig: ich habe Angst vor
Kühen. Ich finde die Tiere durchaus hübsch, gerade die Kälbchen sehr niedlich,
aber sobald eine Kuh frei umherläuft und sich schlimmstenfalls noch bewegt, ist
es aus. Ich gerate in Panik und möchte fliehen! Diese Panik ist selbstredend
nicht ohne Grund entstanden und die meisten der Mitlesenden werden die
Geschichte aus der die Panik resultiert kennen, falls aber nicht, soll sie hier
nicht unerwähnt bleiben:
Es begab sich zu einer Zeit, da hatten Matze und ich in
einem Norwegen Urlaub eine Mountainbike-Tour in Lillehammer absolviert und
durchfuhren nun den flacheren Teil der Strecke, als wir auf eine Kuhherde
stießen. Ein anderes vor uns befindliches Paar mit Fahrrädern hatte bereits
angehalten, weil die Herde keinerlei Anstalten machte sich zu bewegen...also
hielten wir auch kurz an und checkten die Optionen. Es gab keine! Wir mussten
irgendwie an der Herde vorbei. Als dann die beiden Vorausfahrenden in die
Pedale traten und sich ihren Weg durch die Herde bahnten, sprangen wir
kurzerhand auch auf und trampelten los! Welch fahrlässiger Fehler! Ein Teil der
Herde geriet in Panik und lief parallel zu uns die Straße hinunter. Erstaunt
über die schnelle Zunahme an Geschwindigkeit und den dabei äußerst ausladenden
Bewegungen der Kühe, trampelte ich bereits in beginnender Panik schneller, wich
dabei noch den Bäuchen und fliegenden Beinen der Kühe aus, bis sich der in
vorderster Reihe laufende Ochse der Herde umdrehte, sich quer auf die Straße
stellte und mich direkt anstarrte. Ich absolvierte die Vollbremsung meines
Lebens, schmiss das Rad auf die Straße und versteckte mich hinter einem Baum.
Matze, der das Schauspiel hinter mir beobachtet hatte, hielt heldenhaft an,
rettete das Rad und wir warteten am Wegesrand und ich hinterm Baum auf das
Verschwinden der Herde.
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schlechtes Versteck |
Wie ihr also seht, ist meine Panik absolut nachvollziehbar, verständlich
und vernünftig. So gestalteten wir den Weg um die Seen auch minimal anders als
angegeben, da auf einem Streckenabschnitt ein Ochsen beachtlichen Ausmaßes
stand und ich mich schlicht weigerte, diesen Weg zu beschreiten. Mutig den
alternativen Streckenabschnitt vorwandernd, drehte ich auch hier spontan um,
gab vor auf Matze und Franka zu warten, war aber tatsächlich nur vor der meinen
Weg kreuzenden Kuh auf der Flucht, die ich aus dem Augenwinkel zum Glück
rechtzeitig gesehen hatte. Des einen Freud, des anderen Leid!
Trotzdem oder
vielleicht gerade deshalb, gelang uns aber eine wundervolle Tour, die Franka beachtlicher
Weise bis auf 15 Minuten auf Papas Schultern, komplett selbst absolvierte und
wir beendeten die Runde am See Enol mit Picknick und Sonnenbad.
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Apfel - Stamm |
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"Die haut ab!!!" |
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"Papa halt dich ruhig fest bei mir." |
Sonntag, 27.06. Unaufgeregt:
Wir besuchten Covadonga, die Pilgerstätte des Jakobswegs in
den Picos de Europa. Hier steht eine in eine Grotte gebaute kleine Kapelle mit
der „Virgen de Covadonga“ und es findet sich die Kathedrale und das Kloster
Covadongas.
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„Virgen de Covadonga“ |
Bei dem gerade stattfindenden Gottesdienst lauschten wir ein wenig
dem Chor und sahen uns natürlich auch die Grotte an. Danach steuerten wir Conga
de Onis an, das ursprüngliche „Hauptstädtchen“ der Picos, aßen Eis, bespielten
den Parque Infantil und genossen einen ruhigen Nachmittag.
Wenn Franka am Anfang noch ihre Freunde ein wenig vermisst
hatte, hat sie nun schlicht beschlossen, dass die Freunde doch einfach
mitreisen könnten. So begleiten uns auf unserer Reise eine Schar imaginärer
Freunde, angefangen von Herrn Nielson, dem Affen, dem kleinen Onkel und Annika
und Thomas, über Mara, Matilda und Semih. Die Mitreisenden werden nun dauerhaft
auf Frankas Schultern getragen, mit Essen und Getränken versorgt und nicht
selten kommt der Hinweis im Auto, dass der eine oder andere Freund noch gar nicht
angeschnallt sei.
Nebenbei erfahren wir so schöne Dinge wie: „Ich mag
Orlina.....und Würstchen!“ oder „Papa soll nicht singen, da kann ich nicht
einschlafen!“ gefolgt von dem fast
allabendlichem Hinweis kurz vor dem Einschlafen: „Mama ich muss Dir noch was
versprechen....wenn ich ein neues Fahrrad habe, dann darf der Papa da aber
nicht noch mal drüber fahren, sonst bin ich sauer“ (Matze war in Lissabon über
Frankas äußerst ungünstig abgelegtes Laufrad gefahren).
Die beiden Schwestern wachsen immer mehr zusammen. Es ist
wirklich köstlich zu sehen, wie Orlina langsam zum eigenen Charakter reift und
was dies für das Spielen zwischen den beiden bedeutet. Jedesmal wenn Franka auf
dem Tablet etwas spielt und Orlina „auch will“, entfacht das Diskussionen
zwischen den beiden: „Orlina das darfst du nicht, das ist jetzt mein Spiel“.
Ein riesen Spass haben die beiden im Meer und in den diversen Pools. Hier
spritzt Franka Orlina regelmäßig nass und die Kurze quietscht vor Freude. Falls
Orlina weint, kümmert sich Franka rührend mit den Worten „Orlina, ich bin doch
da, alles wird gut“ und zärtlichem Streicheln und Küssen der Kleinen.
Einfach herrlich!
Montag, 28.06. Augenstrand:
Nach soviel Bergen vermissten wir ein wenig das Meerwasser
und steuerten daher den Küstenort Llanes an. Dieses beschauliche Örtchen bot
uns neben dem Erwerb eines Rasierapperats zwecks Stutzen des Vollbart, auch den
Paseo de San Pedro.
Dieser Wiesenweg entlang der Steilwände zum Meer war nicht
nur schön zu gehen, sondern bot uns mal wieder felsige Ausblicke und schäumende
Brandungen.
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Llanes beach |
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"Mama weißt du...!" |
Wir streiften den Paseo auf und ab und entschieden uns, im
Anschluss einen ganz besonderen Strand aufzusuchen. Die Playa de Gulpiyuri ist
ein Binnenstrand, der etwa 100 Meter vom Meer entfernt, mitten in einer Wiese
liegt und durch unterirdische Tunnel durch die Gezeiten mit Meerwasser und vor
allem Ebbe und Flut versorgt wird- auch Strandauge genannt.
Auf dem Weg dorthin, entdeckten wir noch eine schmale
Felsspalte mit Mikrostrand und fuhren dann langsam gen Campingplatz zurück.
Dienstag, 29.06. : Zivilisation und Höhlenkäse
Wir besuchten, nach einer großen Auto-Erkundungstour durch
das Gebirge, das Dorf Bulnes.
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Stop and Go |
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Tresviso |
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Sortes |
In dem kleinen Bergdorf leben nur 42 Einwohner in
einer Höhe von 625m im Gebirge. Erst seit 2001verbindet eine 2227 Meter lange,
in den Fels gesprengte Standseilbahn das Nest an die Zivilisation. Im Tal
angekommen gehts noch etwa 6 km entlang des Rio Cares ins nächste Dorf, nach
Arenas de Cabrales. Die Bahn, Funicular genannt, nutzen wir dann auch, um bei
35 Grad dem Aufstieg zu entgehen.
Stolzer Preis – aber lohnenswert. Die Kiddies waren nach
anfänglichem Unbehagen begeistert und auch an vorderster Front vertreten.
Oben angelangt erwartete uns ein niedliches kleines
„Örtchen“ mit kleinen, feinen Häuschen, einem Gebirgsfluss und schön
hergerichteten Terrassen, um sich von der Wanderung oder dem Aufstieg mit
Bahn zu „erholen“.
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Hopfenschorle |
Wir steuerten eine dieser Terrassen an, genossen das
Plätschern des Bachlaufs und Franka tollte mit den unzähligen Schmetterlingen
umher.
Nach dieser im wörtlichen Sinne tierischen Begegnung fuhren
wir wieder den Tunnel hinab und steuerten die Cueva de Cabrales an – ein nass-stinkiges
Vergnügen.
Die Cueva de Cabrales sind die Höhlen, in welchen der
Mischkäse aus Kuh-, Ziegen- und Schafmilch hergestellte und mit Blauschimmel
versetzte Käse zur Reifung kommt.
Sicher wisst ihr, wie „gern“ Matze und ich Blauschimmel
essen, aber eine so einzigartige und regionale begrenzte Spezialität mussten
wir natürlich zumindest besichtigen.
Wir ließen die Verkostung allerdings unter Inkaufnahme der
überraschten Blicke der Cueva-Führer aus.
So durften wir allerhand wissenswertes über die
Käseproduktion erfahren und auch in eine der Höhlen schauen. Nach so viel
Wissensaufnahme kauften wir für die daheimgebliebenen Blauschimmelkäse-Esser
(Hola an Oma WauWau und Claudia –ich hoffe ihr wisst unsere olfaktorische
Aufopferung zu schätzen) das in Deutschland kaum erhältliche Endprodukt und
steuerten dann unseren Campingplatz an, um uns für den anstehenden Kurztrip und
unseren nächsten Step Saint-Jean-de-Luz vorzubereiten.
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"Mama, ein Stier!" |
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