Donnerstag, 25. Juni 2015

Von Aufzügen und Prinzessinnen


Level 2, Welt 2: Wasserwelt und Untergrundlevel
Sonntag, 09.06. Auf bald, Aljezur

In der Nacht kam der Strom zurück und wir konnten am Morgen wieder auf unser gesamtes Elektroequipment zurückgreifen. Leider regnete es immer noch, so dass das Zusammenpacken der Utensilien nebst Bespaßung des Nachwuchses den Zeitplan etwas nach hinten verschob.
Wir machten uns dann gegen 13:30 auf nach Lissabon. Die Fahrt war mit etwa 3 Stunden überschaubar, so dass die Verzögerung nicht ins Gewicht fiel.
Die sehr schöne Fahrt auf der N120 hoch Richtung Lissabon war entspannt und brachte wundervolle Einblicke in die Küstenregion nördlich von Aljezur und über das Alentejo (Hinterland der Region).
Wir fuhren über die "Golden Gate" von Lissabon durch die Stadt hindurch und landeten gegen 18:00 Uhr auf dem gewünschten Campingplatz „Orbitur“ in Cascais, etwa 20 km hinter Lissabon an der Küste.

Die Könige des 19. Jahrhunderts verlegten aufgrund des gemäßigteren Klimas in der Sierra de Sintra ihren Wohnsitz nach Cascais. Dies ließ bekanntlich die wohlhabenden und Adeligen folgen und so bildet Cascais mit Estoril heute noch den besser situierten Lissaboner einen Zufluchtsort fürs Wochenende.
Nach kurzer Recherche fanden wir heraus, dass der nahe gelegene Guincho Beach nicht nur einer der schönsten Strände Portugals sein soll, sondern auch Schauplatz des jährlich stattfindenden „Billabong Giuncho Pro“ ist. Wir erwarten also schöne Wellen!
Wir ergatterten einen tollen Platz unter Sattelpinien mit Blick aufs Meer. Die Abendsonne tauchte das Abendmahl in tiefes Orange und wir beschlossen nichts mehr zu tun.



Montag, 10.06. Auf und Ab in Lisboa:
Für den ersten Tag nahmen wir uns die Stadtviertel Baixa und Chiardo vor. Los ging es zunächst mit dem Bus vom Campingplatz zur Metro. Franka flippte vor Freude über das Busfahren vollkommen aus und quietschte bei jeder noch so kleinen Bodenwelle: „Das war ja lustig“ und begrüßte jeden zugestiegenen „Leuten" mit „Olá“.
Auch im Zug war die Freude ungebremst und wir holperten an der Küste, bei strahlendem Sonnenschein in Richtung Lissabon.
Wir stiegen passgenau aus und arbeiteten uns durch Chairdo (das Kneipen und Barviertel der Stadt) langsam Richtung Baixa vor. Wenn die Stadt von Weitem noch gemäßigt hügelig aussah, bekam man „so mittendrin“ einen recht guten Eindruck davon, warum diese Stadt Elevadores noch und nöcher besitzt. Ohne diese kann der „Otto-Normalverbraucher“ – sprich Tourist- die einzelnen Stadtteile kaum erkunden.

Elevador de Santa Justa
Wenn das Barviertel uns noch nicht so beeindruckte, weil Vormittag.....
konnte der anschließende Besuch der Rua Augusta und des Baixa-Viertels einiges wett machen. Hier puslierte das Leben und die Straßen bestachen durch schöne Pflasterungen, tolle Fassaden mit schmiedeeisernen Balkonen, Bögengängen und Triumphportalen.
Kaum waren wir in die Rua Augusta eingebogen, trafen wir Oliver, Tatjana und Vincent wieder. Die Wahrscheinlichkeit sie hier unvorbereitet zu treffen geht quasi gegen null. Aber wie der Teufel es manchmal will, liefen wir zur gleichen Zeit am gleichen Ort die Füße platt. Vincent war begeistert die beiden Mädels wiederzutreffen und auch Franka freute sich Vinni zu sehen. Orlina freute sich auch, aber man sah das nicht so.

Bensheim in town
Da die drei bereits 2 Tage in Lissabon verbracht hatten, konnten wir mit einigen aktuellen Tipps die Tagesroute planen.  Wir machten uns auf zu dem Platz der Stadt.
Dem Rossio!
Hier schlägt laut Reiseführer das Herz der Stadt. Und das hörten wir! Es war laut und voller Leben. Die Statuen, Brunnen und Fassaden rings herum vermittelten ein einmaliges Bild der Stadt.

Tauben
Nachdem wir auf dem Platz eine kurze Rast gemacht hatten musste Franka Wasser lassen. Wir begrüßten, die, zum Teil in Vergessenheit geratene, verbale Meldung der bevorstehenden Blasenentleerung und Matze ging mit dem Kind auf den Schultern ein WC suchen.


Aufgrund der Hitze und dem bereits feuchten Nacken, blieb auch die Erkenntnis um die bereits überlaufende Blase der Erstgeborenen zunächst noch aus. Netterweise wurde er durch Franka darauf hingewiesen („Ich hab Pippi gemacht“) und konnte seine zunehmend feuchtere Schulterregion besser einordnen.
Vielen Dank .....
Die Zeremonie, in einem 1qm großen WC das Kind keimfrei zu halten und dabei die Wechselkleidung, aus dem, für alle Notfälle gepackten, Rucksack zu bergen sei hier nicht weiter geschildert. Matze war danach auf jeden Fall auch unter den Schultern durchnäßt.
Orlina, die mit der Mutter am Brunne blieb verbalisierte derweil „Bääähhhhh Buuuhhhh“ als Kurzform von Hunger und somit war der Eindruck des Platzes vervollständigt.

Das bisher vielleicht eher etwas planlose Durchstreifen der Gassen, sollte nun sein Ende finden. Die restliche Tour des Tages war geplant! Also vorbei am Rossio-Bahnhof, hin zum Jardin Botanico, um dort zu pausieren und sich erneut zu stärken. Danach durch Bairro Alto (wohl das Shoppingviertel der Stadt) zurück zum Bahnhof. 
Auf dem Weg zum Jardin schlief Franka dann auf Matzes Arm ein und der Vater trug die kleine Maus dann die steilen Wege hinauf in die Oberstadt. Elevadoren sind für Anfänger - und Wissende. Mmpf.....

Elevador da Gloria
So kletterten wir bis zur Oase des Jardin Botanica. Hier nahmen wir unter riesigen Palmen und Bambussträuchern eine Auszeit vom Stadtrummel und ließen Franka in Ruhe ausschlafen.


Danach stärkten wir uns mit einem Frozen Joghurt und stiefelten im Bairro Alto umher gen Bahnhof. Während des Abstiegs aus Oberstadt Lissabons taten sich links und rechts immer wieder traumhafte Weitblicke über die Stadt, den Fluss Tejo und die Burg der Alfama auf.



Die Abendsonne tat für die ohnehin schon lauschige und beschauliche Stimmung ihr Übriges und tauchte die Stadt in warmes goldenes Licht. Wie so oft in den letzten Wochen, gefielen uns auch hier die frühen Abendstunden besonders.


Das Flair der Stadt hatte uns nach dem etwas weniger beschaulichen Tagesbeginn nun gepackt und die entspannten Einwohner sowie die entspannten Touristen in den Bars und Lokalen vervollständigten das Bild.


Der ursprüngliche Tourplan sollte den Einsatz des kleinsten aller Elevadores (nach unten) einschließen, worauf allerdings aufgrund einer Betriebsstörung verzichtet werden musste. Nun gut, das Ding ist von 1879, in dem Alter sollte man sich ein paar Eigenheiten gönnen.

ausruhen
Also weiter zu Fuß und so kantapperten wir die Stadt hinab zum Zug und fuhren in der Abendsonne an den Stränden der Stadt und der Vorstädte zurück zu unserem Heimbahnhof.
Dort angekommen fehlte uns ein wenig die Orientierung hinsichtlich der Bushaltestelle. Hinzu kam, dass mal wieder die Zeit rasant fortgeschritten war und bei Einbruch der Dunkelheit noch ein ordentlicher Wind aufkam und eine unangenehme Frische verbreitete. So entschieden wir uns in ein Fast-Food-Restaurant zu flüchten und genossen das erste Mal auf unserer Reise Burger. Franka war begeistert und Orlina lutschte Pommes. Danach ging es mit einem Taxi zurück zum Campingplatz. Das war sogar günstiger als der Bus am Vormittag. Merken!
Müde und erschlagen von so vielen tollen Eindrücken vielen wir alle schnell in die Betten!
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       
Dienstag, 10.06. Fräulein Franka lädt zum Tanztee:
Heute sollten die Kulturschätze der Umgebung erkundet werden. Um diesen ggf. etwas spröde anmutenden Ausflug für die Kinder etwas spannend zu gestalten, lockten wir vor allem die Große (die Kleine kann sich einfach noch nicht so gut wehren) mit der Aussicht auf einen Märchenwaldspaziergang zum Schloss in dem "Prinzessin Franka" vor gaaaanz langer Zeit gespielt hat. Die Geschichte wurde begeistert vom Sprößling aufgegriffen und die Anfahrt zum Schloss Palacio da Pena mit einem kurzen Nickerchen und vermutlich entsprechendem Traumstündchen versehen.
Dies gab uns die Möglichkeit, die Sierra de Sintra, die uns umgebende Berglandschaft, mit dem Auto zu erkunden.
Durch verschlafene Küstendörfer fuhren wir vom westlichsten Punkt Spaniens, Cabo da Roca (ich würde übrigens behaupten, dass wir mittlerweile ein beachtliches Repertoire an himmelsrichtungstechnischen Extremen vorweisen können– wer weiss wofür man es brauchen kann?) weiter ins Landesinnere durch schöne Wäldchen und grüne Täler, stets begleitet vom Anblick des Palacio da Pena, der hoch über uns und über dem historischen Städtchen Sintra thront.



In Sintra angekommen, packten wir uns Orlina auf den Rücken, Franky an die Hand und stiefelten los. Noch schnell den Weg im Turismo erfragt und schon schritten wir gemächlich über die kopfsteingeplasterten Wege. Kaum waren die ersten zwei Kurven geschafft, hieß es auch schon: Mama, ich muss Pippi! Hmmm, Ja klar gerne Schatz! Warte noch, wir suchen schnell noch ein Klo. (Ich hätte zu Beginn des Urlaubs eine Strichliste anlegen sollen, wie häufig wir dieses Gespräch in den acht Wochen wohl führen würden)
Nach dieser kurzen Unterbrechung ging es weiter das Bergdorf hinauf.


An einem besonders hübschen Häuschen angekommen, konnten wir einer offen stehenden Haustür und dem Schild „Se Vende“ nicht wiederstehen und stiefelten hindurch. So ergab sich eine spontane Hausbesichtigung eines schmucken Juwels Sintras. Neben einer wunderschönen alten Kommode, die Stephie in Gedanken bereits versuchte im eigenen Esszimmer unterzubringen, durchschritten wir frisch renovierte kleine Räume auf drei Ebenen und genossen beeindruckende Ausblicke von den Terrassen. Die Mutter des Verkäufers wusste auf durchaus ordentlichem Englisch einiges über die Hauseigenheiten zu berichten und führte uns von Räumchen zu Räumchen. Noch kurz in die Infomappe bzgl. Preisgestaltung geschaut und dann zügig den Rückzug eingelegt. Die 650.000€ sind beim vom Verkäufer versicherten Dauervermietungsgeschäft sicher gut investiertes Geld...aber wir nahmen Abstand vom Kauf durch Handschlag.

Nun erreichten wir das Märchenwäldchen und suchten auf den 1,5 Stunden Aufstieg neben Elfen, Zwergen und Riesen noch allerhand Blattwerk, die den Bäumen entrissen und als Flügel für Franka zweckentfremdet wurden.


Schlossgeist?
 Nach Kauf der Schlosstickets verzichteten wir unter verständnislosen Schimpftiraden a la: „Haben die alle Athrose, oder warum schaffen die das nicht?“ auf den lokalen Busshuttle und arbeiteten uns durch den Schlosspark nach oben zum Objekt unserer Begierde.
Das Schloss, welches ein wenig an Neuschwanstein erinnerte, war ein Sammelsurium der Kuriositäten aus aller Welt. Es entstand auf den Ruinen eines Hieronymitenklosters, das hier im 16. Jahrhundert erbaut wurde.

Vor allem die Außengestaltung war beeindruckend hübsch: ein von Türmen in Erbeerrot und zinobergelben Toren reich geschmücktes Areal wurde durch den mit Zinnen überladenen Bogengang erreicht und schon waren wir in der Prinzessinnenwelt angekommen.





Franky flitzte von Türmchen zu Türmchen und sprang agil von einer potenziellen Fallstelle zur nächsten.



Das schlosseigene Seeungeheuer des Tritontors wurde von Franka angeschrieen („Ich verscheuche das jetzt, das soll weg da“) und die den Schrei begleitende Gestik und Mimik wurde von den umstehenden Japanern fotografisch erfasst. Franka steht eine große Karriere im asiatischen Raum bevor. Als was muss ggf. noch geklärt werden.

"Sorry mein Haar ist noch zu kurz!"


 Der Kreuzgang des Schlosses wurde von Franka in der Diagonalen durchquert, was zu Unmutsäußerungen des musealen Personals führte und wir durchschritten komplett erhaltene Schlafgemächer mit viel zu kurzen Betten, Bädern mit Badewannen (bei denen Stephie erneut überlegte, wie sie eine solche wohl ins Badezimmer integrieren könnte), Arbeitszimmer, Jagdzimmer, ein Spielzimmer für Erwachsene, eine wundervolle, kleine Kapelle und voll erhaltene Küchenräume.

in progress

Franky hatte einen riesen Spass und bediente sich reichlich am mitgenommenen Hör-Führer, selbst Orlina kam aus dem Rumschauen nicht mehr raus und die erwachsenen Teilnehmer des Ausflugs genossen die Eindrücke ebenso.



"Chef, was sollen wir mit den ganzen Fliesen machen...?"


Spielzimmer

zu groß für einen König!
Die Rückkehr zum Auto erfolgte dann erlebnisreich via Bus. Der Fahrer bestach durch beeindruckende Kenntnisse der Strecke, seines Gefährts und schien durch das intuitive Wissen um entgegen kommenden Verkehr beglückt zu sein, ansonsten hätten wir diesen Text hier sicher nicht schreiben können. Franka gluckste und quieckte bei der rasanten Fahrt den Berg hinab und Stephie suchte derweil eine Sitzposition, in der sie im Zweifel das jüngste Familienmitglied nicht zerquetschte.
unzerquetscht
Unten angekommen, gab es das obligatorische Eis am Tag, die zugehörigen Flecken auf dem Pullover und eine entspannte Heimfahrt gen Campingplatz mit romantisch rotem Sonnenuntergang.

Schlossgeist!

 buuuuhäääähhhhhh.............

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