Level 1, Welt 3: Himmelslevel
Freitag, 13.06.: Pilgern
Freitag, 13.06.: Pilgern
Nachdem alle Utensilien an Bord waren fuhren wir mal wieder wir
später als geplant gen Norden ab. Das geplante Ziel hieß Muxia in Galicien. Uns
war klar, dass wir dadurch leider wieder Portugal verlassen werden, aber wer rum
kommen will muß rum fahren....
Die geplante Strecke von 630 km nach Muxia war ordentlich
weit und wir hielten uns jegliche Pausenoption offen. Es ging vorbei an
namenhaften Spots wie Peniche und Nazaré weiter gen Norden. Auf Wiedersehen
Portugal.
An dieser Stelle möchten wir ein riesiges Lob an unsere
Sprößlinge loswerden. Die durchschnittliche Fahrtzeit von 5 Stunden stellt mit
jeweils einer etwas längeren Pause von ungefähr 30 Minuten, keinerlei Problem
dar und somit schafften wir unsere geplanten Reiseziele bisher immer. Davon
kann und darf man eigentlich nicht ausgehen und daher: Danke ihr beiden Mäuse!
Ihr macht das wirklich hervorragend.
Die erneut überaus entspannte Fahrt bei vollkommen leerer
Autobahn endete für uns dann doch etwas früher in Santiago de Compostela. Auf
den letzten Kilometern der Autobahn entschieden wir, dass es für heute genug
sei. Gesagt-getan. Kurz den Campingplatz recherchiert und angesteuert, gefunden
und geentert. Auf dem Weg wurde zum
einen die bisher höchste gemessene Außentemperatur registriert (40°)und die
5000 km – Marke übersprungen. Die beiden Vehikel erhalten an dieser Stelle auch
ein Lob.
Samstag, 14.06. : Jakob sehen und sterben...
Nur 2km von unserem Campingplatz entfernt lag die Altstadt
von Santiago de Compostela und damit auch die gleichnamige und weltberühmte
Kathedrale.
Als beinahe Endziel des Jakobswegs pilgern jährlich 180.000
Menschen in die Stadt, so dass wir einen ordentliche Tourinepp erwarteten.
Natürlich zeigte sich die Stadt toruistenfreundlich blieb dabei aber jederzeit
angenehm und unaufdringlich.
Die Hauptstadt Galiciens ist komplett aus Granit gebaut und
bietet in der Innenstadt wenig grün. Dafür besticht sie durch wundervolle
Prachtbauten, unzähligen Kirchen und Kapellen, mal wieder engen Gassen und
vielen Bogengängen, die bei der regenreichsten Stadt Spaniens vor Regengüssen
schützen sollte. Auch am Erkundungstag blieben wir frei von Regen und mit 30°C
besorgte es uns Gevatter Lorenz ordentlich.
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Stein-reich! |
Da wir mit dem Rad in die Stadt getourt waren, spannten wir an einem Platz die Räder ab, bauten den Anhänger unter den staunenden Blicken der Umstehenden zum Kinderwagen um und pilgerten zur Kathedrale.
Nach mehrmaligem Wenden und Drehen des groben Stadtplans
suchten wir an einer Häuserecke bereits unwirsch fluchend das Gotteshaus. ...Such....such....such....
das muss doch hier irgendwo sein.... um einen Schritt weiter um die Ecke den Bau
zu erblicken.
Die Kathedrale Santiago de Compostela war quasi direkt
nebenan und wir fühlten uns von ihr belächelt.
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Holy sunshine! |
Nun dann - hinein ins Vergnügen. Da ich noch dunkel in
Erinnerung hatte, dass man in Gotteshäuser doch zumindest angemessen gekleidet
schreiten sollte, hatte ich allerhand Schulter- und Beinbedeckendes
mitgenommen, um es am Ende dann doch nicht zu nutzen. Der Strom aus der
Kathedrale gekleidet in Tanktops, Basketballshirts und ultra-knappen Hotpants
überzeugte mich davon, dass wir offensichtlich ausreichend bekleidet waren. Der
Wille zählt!
In der Kathedrale angekommen begann gerade in einer der
Seitenkapellen ein deutscher Gottesdienst und man fand an jeder Ecke hinweise
zu folgenden englisch sprachigen, spanischen, portugiesischen etc.
Gottesdiensten. Das und der Flatscreen am Eingang sprachen deutlich die
Sprache: Wir haben unsere Zielgruppe verstanden und stellen uns darauf ein.
Nach den Spaniern, sind übrigens die Deutschen auf Platz zwei der in Santiago
eintreffenden Pilger.
Während Matze versuchte das Weihwasser nicht zu verdampfen,
stellte ich mich an, den Altarraum zu besichtigen und damit einmal den Heiligen
Jakob und Namensgeber des Jakobswegs zu berühren. Wenn dieses Erlebnis bei mir
eher dem gestalterischen Interesse des Altars galt, schien eine Dame, die
zunächst hinter mir war, sich dann vordrängelte und dann einige Personen
wegstieß um schneller zu „Ihrem“
Heiligen zu gelangen. Ein mitgebrachtes Foto von ihr und vermutlich ihrer
Tochter, hielt sie an jeden Stein und jede Ecke des Altars. Bei so viel
Heiligenverehrung und – wahn wurde es mir doch ein wenig anders.
Nun gut...unser kleines Wunder, Orlina, stolzierte dann auch
noch in der Kirche an der Hand - wer in der Kathedrale des heiligen Jakob nicht
ans Laufen kommt...
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Schritte auf heiligem Boden |
Wir durchstreiften anschließend die Gassen und genossen das
sehr angenehme Flair des Pilgertourismus. Die eintreffenden Wandersleute
wirkten allesamt „angekommen“ und rangen uns ordentlich Respekt ab, unabhängig
davon, wie weit ihre Reise auch gewesen sei. Alle waren sehr freundlich und
höflich, quatschten und bespaßten die Kinder und waren insgesamt entspannt.
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nicht über Wasser...aber immerhin |
Während wir so durch die Gassen strolchten, fanden wir einen
kleinen Platz mit einer der wenigen kleinen Wiesen in Santiago und nutzen
diesen zur Rast. Kurz danach machten wir uns mit Eis erneut auf den Weg,
entdeckten in einem Treppenabgang der Kathedrale eine Opernsängerin, die dort
einige berühmte Stücke (z.B. Ave Maria) zum Besten gab. Hier konnten die
weiblichen Teilnehmer nicht wiederstehen und gesellten sich zu den anderen
Zuhörern auf die Treppe. Nachdem Stephie versuchte Franka zu erklären „warum
das denn so laut sein muss“, genossen wir einige Momente und lauschten den
Klängen großartigen Sängerin.
Nur einige Meter von dieser Performance entfernt, durften
wir dann noch einer spanischen Hochzeitsgesellschaft bei den üblichen Bräuchen
nach der Trauung zuschauen.
Trotz des mangelnden Bewuchses in der Stadt bekam Matze einen
ordentlichen allergischen Anfall (vielleicht reagierte er aber auch nur auf das
Hochzeitsgeschehen, wer will das schon genau sagen??). In der örtlichen
Farmacia bekam man dann auch ein normalerweise verschreibungspflichtiges
Antihistaminikum für 6, 25 Euro. Auf die Nachfrage ob es in Spanien rezeptfrei
sei, antwortete der Apotheker. „ Nein. Wollen sie eine Tüte?“. Okay und der
endlich mal zum Einsatz bereit gehaltene Arztausweis verschwand wieder
ungenutzt in der Tasche. Nach einem
anschließenden Estrella Galicia und Tapas beruhigte sich das Immunsystem
wieder.
Ich interpretierte dann anschließend die reinigende Erfahrung
einer Pilgerreise etwas freier und machte Großreine im Wohnwagen. Sämtliche
Schränke, Kühlschränke, Badezimmer und sonstige Ecken und Enden unseres
Gefährts wurden bis halb 2 nachts gewienert und unser Einachser glänzte am
nächsten Tag fast wie neu!
Dann kann es morgen frisch weitergehen....
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